Prävention und Intervention sexualisierter Gewalt
Begrifflichkeit:
Unter dem Begriff sexualisierte Gewalt fassen wir alle Handlungen zusammen, die der Machtausübungen mit dem Mittel der Sexualität dienen.
In der engen Definition geht es um sexuelle Nötigung oder Vergewaltigung (sexueller Missbrauch), also um erzwungene sexuelle Handlungen, die im Strafgesetzbuch (StGB) (§177) definiert sind.
In der weiten Definition zählen dazu, z.B.:
- Sexistische Witze
- Beschimpfungen und Bedrohungen in der Schule, am Arbeitsplatz, auf der Straße, im Wohnheim usw.
- Voyeristische & exibitionistische Handlungen
- Zeigen pornographischer Bilder und Videos
- Zwangsprostitution
- Unerwünschte Berührungen intimer Körperbereiche
Im Folgenden wird mit dem Begriff sexualisierter Gewalt der gesamter Problemkomplex (weite Definition) angesprochen, sofern nicht explizit auf sexuellen Missbrauch hingewiesen wird.
Fakten:
- 50% der Mädchen und 50-60% der Jungen sind Opfer von sexuellem Missbrauch von Bezugspersonen aus dem außerfamiliären Nahbereich(z.B. Nachbarn, Freunde der Familie, ältere Jugendliche, Trainer, Babysitter) und von Fremden (Wetzels, 1999)
- 30 % der Täter und Täterinnen kommen bei Mädchen und 10-20% bei Jungen aus der Familie (z.B. Väter/Mütter, Stiefväter/Stiefmütter, Großväter/Großmütter, Onkel/Tante, Geschwister) (Bange & Deegener, 1996)
- Nach UN-Angaben sind Mädchen und Frauen mit Behinderung etwa doppelt so häufig von sexualisierter Gewalt betroffen wie Mädchen und Frauen ohne Behinderung. (The World Disability Report, 1999)
- Mehr als jede zweite bis dritte Frau, die in Einrichtungen lebt, hat schon einmal Erfahrungen mit sexuellem Missbrauch gemacht. Frauen mit psychischer Behinderung sind diejenigen, die am stärksten von Gewalt betroffen waren (BMFSFJ, 2012)
- Kinder müssen in der Regel 8 Mal (!) über sexualisierte Gewalt berichten, bevor ihnen geglaubt und 12 Mal (!), bevor ihnen geholfen wird (Kinderschutzbund, 2010)
Weiterführende Literatur:
Bange, D. & Deegener, G. (1996). Sexueller Missbrauch an Kindern. Ausmaß – Hintergründe – Folgen. Weinheim: Psychologie Verlags Union.
Deutsche Sporthochschule Köln (2016). "Safe Sport" Schutz von Kindern und Jugendlichen im organisierten Sport in Deutschland: Erste Ergebnisse des Forschungsprojektes zur Analyse von Häufigkeiten, Formen, Präventions- und Interventionsmaßnahmen bei sexualisierter Gewalt.
Wetzels, P. (1999). Verbreitung und familiäre Hintergründe sexuellen Kindes Missbrauchs in Deutschland. In S. Hoefling, D. Drewes & I. Epple-Waigel (Hrsg.), Auftrag Prävention – Offensive gegen sexuellen Kindesmissbrauchs (S.104-134). München: Atwerp-Verlag.
Ansprechpartner*innen zum Thema Kinderschutz
Sollten Sie Fragen zum Thema Kinderschutz haben oder Unterstützung benötigen, können Sie sich gern an folgende Kontakte wenden.
Sächsischer Behinderten- und Rehabilitationssportverband: Christian Rösler, christian.roesler@behindertensport-sachsen.de , 0341 - 23 10 66 11
Landessportbund Sachsen: Hannes Günther guenther@sport-fuer-sachsen.de , 0341 - 21 63 184
Safe Sport e.V.
Unabhängige Ansprechstelle für Betroffene sexualisierter, psychischer und physischer Gewalt im Sport. Die Beratung ist telefonisch unter der Hotline 0800 11 222 00, online über eine datensichere Plattform unter www.ansprechstelle-safe-sport.de oder vor Ort in der Ansprechstelle Safe Sport, Petersburger Str. 94, 10247 Berlin möglich.
Anlauf gegen Gewalt ist deine unabhängige Anlaufstelle, wenn du körperliche, psychische oder sexualisierte Gewalt im Spitzensport erlebst oder erlebt hast. Wir hören dir zu und begleiten dich – anonym und vertraulich.
Link: Anlauf gegen Gewalt
Mail: kontakt@anlauf-gegen-gewalt.org
Tel: 0800 90 90 444
Montags 11-14 Uhr · Donnerstags 16-19 Uhr Nicht erreichbar an bundesweiten gesetzlichen Feiertagen.
Deutscher Kinderschutzbund Landesverband Sachsen
Der Kinderschutzbund Sachsen kann bei allgemeinen Fragen zum Kinderschutz kontaktiert werden.
Klopstockstr. 50 | 01157 Dresden
Tel: 0351-4242044
www.kinderschutzbund-sachsen.de
Nummer gegen Kummer e. V.
Beratung und Hilfe für Kinder und Jugendliche gibt es anonym und kostenlos vom Festnetz und Handy montags bis samstags von 14 bis 20 Uhr bei der "Nummer gegen Kummer".
Präventive Maßnahmen zum Kinderschutz
Präventive Maßnahmen im Kinderschutz liegen in der Verantwortung der Sportvereine/-verbände. Neben der Sensibilisierung aller haupt- und ehrenamtlichen Mitarbeitern empfiehlt es sich, einen Kinderschutzbeauftragten im Verein zu benennen, welcher als zentraler Ansprechpartner zu der Thematik Kinderschutz fungiert.
Um den Kinderschutz im Verein zu verankern, besteht die Möglichkeit, den Kinderschutzgedanken in die Satzung des Vereins/Verbandes aufzunehmen.
Mit folgenden Maßnahmen können Sie den Kinderschutz in schriftlicher Form festhalten:
Übungsleitervertrag: Die Tatsache, dass der Verein/Verband sich für den Schutz von Kindern und Jugendlichen einsetzt, sollte eindeutig im Übungsleitervertrag festgehalten sein. Diesen Übungsleiter-/Betreuervertrag sollte jeder unterzeichnen, der im Verein mit der Betreuung von Kindern und Jugendlichen beauftragt ist, ungeachtet dessen, ob der- oder diejenige im Besitz einer gültigen Übungsleiter-, Trainer-, Jugendleiter- oder Vereinsmanagerlizenz ist.
Ehrenkodex: Weiterhin ist es ratsam, alle ehrenamtlich und hauptamtlich Tätigen im Kinder- und Jugendbereich den Ehrenkodex unterschreiben zu lassen. Ergänzend besteht die Möglichkeit, intern Regeln zu formulieren, die den Umgang von ÜL / Betreuer / Trainer mit Minderjährigen erleichtern und eine Orientierung bieten, wo der Verein / Verband seine Grenzen zieht.
erweitertes polizeiliches Führungszeugnis: Auf der Grundlage von § 72a SGB VIII sollte von allen hauptberuflich beschäftigten Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Kinder- und Jugendarbeit im Sportverein/-verband ein erweitertes polizeiliches Führungszeugnis eingesehen werden.
Der Verein / Verband kann selbst festlegen, ob er von ehrenamtlich Tätigen erweiterte polizeiliche Führungszeugnisse einsehen möchte oder nicht. Es besteht außerdem die Möglichkeit, dass auf der Grundlage regionaler Vereinbarungen zwischen dem Träger der öffentlichen Jugendhilfe und der jeweiligen Kreis- bzw. Stadtsportjugend (als Träger der freien Jugendhilfe) auch erweiterte Führungszeugnisse für Ehrenamtliche nötig sein können.
Ehrenamtlich Aktive können das erweiterte Führungszeugnis kostenfrei beantragen, wenn eine Bescheinigung des Sportvereins oder Sportverbandes über die ehrenamtliche Tätigkeit und der Anforderung des Führungszeugnisses auf Grundlage von § 72 a SGB VIII beigefügt wird. In dem Merkblatt des Bundesamtes für Justiz (Stand: 1. Januar 2013) kann dies nachgelesen werden.
Safe Sport Code
Mit der Einführung des DOSB Safe Sport Code (12.2024) mit den DOSB-Verhaltensregeln Safe Sport als Regelwerk können nun auch Fälle von interpersonaler Gewalt unterhalb der Schwelle strafrechtlich relevanten Verhaltens untersucht und sanktioniert werden.
Der Safe Sport Code ist ein Muster-Regelwerk, das mit wissenschaftlicher und juristischer Expertise für den organisierten Sport, also für alle Sportvereine und -verbände, erarbeitet wurde. Der Code ist eine Vorlage, der sich Sportorganisationen anschließen sollten, weil er ihnen dabei hilft, jegliche Form von interpersonaler Gewalt in ihrer Organisation noch effektiver bekämpfen und Täter*innen im Sport konsequenter sanktionieren zu können. Damit sorgt euer Verein oder Verband dafür, den Sport sicherer für alle zu machen.
Der Code ist nicht automatisch für Sportverbände und Vereine geltend. Die Mitglieder des DOSB haben sich verpflichtet, in ihren Mitgliederversammlungen die Einführung eines individuellen Codes bis spätestens Ende 2028 zur Abstimmung vorzulegen.
Der Safe Sport Code ist HIER zu finden und weiterführende Informationen zum Thema Safe Sport Code finden Sie HIER.
Downloads
Für Sportler*innen
Ehrenkodex
Führungszeugnis
Für Vereine und Verbände - Prävention
Für Vereine und Verbände - Umgang mit Vorfällen
Schulungsvideos des DOSB zur Gewalt im Sport
Triggerwarnung: In den folgenden Videos geht es um die Themen psychische, physische und sexualisierte Gewalt.
Für manchen Menschen können diese Themen emotional belastend sein. Wir wollen Sie darauf aufmerksam machen, auf sich selbst zu achten und zu entscheiden, ob Sie sich von den Videos getriggert fühlen könnten. Alternativ können die Videos auch mit einer Vertrauensperson zusammen angeschaut werden. Hilfe in Belastungssituationen finden Sie z.B. beim Hilfetelefon: Gewalt gegen Frauen oder bei der Nummer gegen Kummer. Betroffene von sexualisierter Gewalt können sich an das Hilfetelefon Sexueller Missbrauch (https://www.anrufen-hilft.de/) wenden.